Quantitative Forschungsdesigns und -methoden
Section outline
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Ihre Ansprechpartner*innen:
Dr.in Julia Schöllbauer, BSc. MSc.
Dr.in Birgit Teufer, BSc BA MA
Wir beantworten Ihre Fragen gerne hier: Austausch Forschungsdesigns und -methoden (hier haben nur Studierende der FERNFH Zugriff, den Einschreibeschlüssel finden Sie in vielen Online-Kursen, zudem können Sie ihn jederzeit bei den Ansprechpartnerinnen anfragen).Herzlich willkommen im offenen FERNFH-Kurs
Quantitative Forschungsdesigns und -methoden
Dieser Kurs begleitet Sie durch die Durchführungsphase Ihres quantitativen Forschungsprojekts und ist Teil des Kursbereichs Forschungsdesigns und -methoden der empirischen Sozialforschung. Quantitative Forschung steht in der wissenschaftstheoretischen Tradition der Naturwissenschaften. Im Zuge eines sequenziellen Forschungsprozesses, z.B. in Experimenten oder in standardisierten Fragebogenerhebungen, werden quantitative bzw. numerische Daten (Messwerte) gesammelt, welche in Folge dann mittels statistischer Methoden analysiert werden.
Im Folgenden lernen Sie, welche Methoden zur Gewinnung quantitativer Forschungsdaten es gibt und wie diese durchzuführen sind. Zudem erhalten Sie Informationen zur Analyse quantitativer Daten zum Hypothesentest (alles über Hypothesen und deren Operationalisierung erfahren Sie hier) mittels der kostenpflichtigen Software SPSS und der freien Software JASP.
1. Daten sammeln (quantitative Methoden):
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Über das Experiment
Vorteil des Experiments gegenüber anderen Methoden ist, dass eindeutige Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge (d.h. Kausalbeziehungen) zwischen Variablen aufgedeckt werden können. Die interessierenden Ursachenvariablen werden in Bedingungen systematisch variiert, andere störende Einwirkungen kontrolliert und die Auswirkung schließlich registriert. So kann eindeutig von einer bestimmten Ursache auf die Auswirkung in einer anderen Variable geschlossen werden. Im Ergebnis ist dann bekannt, welchen Einfluss eine unabhängige Variable (UV, Ursache) auf eine abhängige Variable (AV, Auswirkung) ausübt.
Besonders wichtig bei einem Experiment ist die zufällige Zuweisung der Untersuchungseinheiten (zumeist Versuchspersonen) zu den untersuchten Gruppen, dabei wird von Randomisierung gesprochen. Des Weiteren kann von entscheidender Bedeutung sein, dass die Versuchspersonen nicht wissen, welcher dieser Gruppen sie randomisiert zugewiesen wurden (Stichwort: Placeboeffekt). Ebenso bedeutsam kann es sein, dass zusätzlich auch die VersuchsleiterInnen Versuchsleiter*innen nicht wissen, welcher Gruppe die untersuchten Personen angehören (Stichwort: Versuchsleiter*inneneffekte). Bei einem Experiment gibt es üblicherweise eine oder mehrere „behandelte“ Versuchsgruppe(n) (VG), deren Ergebnisse dann jenen einer „unbehandelten“ Kontrollgruppe (KG) gegenübergestellt werden können.
Von einem Quasiexperiment wird gesprochen, wenn die Untersuchungseinheiten (Versuchspersonen) den unabhängigen Variablen nicht randomisiert zugeordnet werden (können). Die Untersuchungseinheiten stellen stattdessen eine Auswahl aus vorgegebenen Gruppenzugehörigkeiten dar (z.B. wenn in einem Experiment Männer und Frauen verglichen werden, dann können die Versuchspersonen nicht zufällig einer Gruppe zugewiesen werden). Das Quasi-Experiment beinhaltet wesentliche Bestandteile hinreichender Gütekriterien. Da keine randomisierte Stichprobenauswahl erfolgt ermöglicht es aber keine vollständige Kontrolle aller experimentellen Bestandteile.
Erscheint es besonders wichtig, die Umgebungsbedingungen möglichst unbeeinflusst zu lassen, so bietet sich eine Feldexperimente an. Charakteristisch für Felduntersuchungen ist, dass die Untersuchungen in der natürlichen Umgebung, also „im Feld“ (z.B. in einem Unternehmen oder einer Fabrik) stattfinden und somit hohe externe Validität aufweisen (d.h. die Untersuchungsergebnisse sind generalisierbar, weil die Umgebungsbedingungen den natürlichen Umständen entsprechen). Dies macht es allerdings sehr schwierig und zumeist unmöglich andere Einflussgrößen, sogenannte Störvariablen, zu kontrollieren. Dadurch können die Untersuchungsergebnisse im Weiteren nicht eindeutig auf eine bestimmte Ursache zurückgeführt werden, sondern es existieren verschiedene gleichwertige Erklärungsalternativen. Das heißt, dass die interne Validität, also die Rückführung der Ergebnisse auf die eigentliche Manipulation, sinkt. Im Vergleich zu Feldexperimenten haben Laborexperimente eine hohe interne Validität und eine niedrige externe Validität.
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Über die strukturierte (oder standardisierte) Befragung
Eine strukturierte Befragung kann zur Ermittlung von Merkmalsausprägungen der befragten Personen oder zur Beschreibung und Bewertung konkreter Sachverhalte herangezogen und sowohl mündlich als auch schriftlich durchgeführt werden.
Bei mündlichen Befragungen ist (mindestens) ein(e) Interviewer*in anwesend. Von einer schriftlichen Befragung ist die Rede, wenn die an der Studie teilnehmenden Personen selbständig Fragebögen schriftlich beantworten. Jedenfals werden den Teilnehmer*innen Fragen mit fixen, standardisierten Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Während der Stichprobenumfang bei qualitativen Interviewstudien meist im ein- bis zweistelligen Bereich rangiert, fällt er bei quantitativen Umfragen oft deutlich höher aus was sich als Vorteil herausstellt um in der folgenden statistischen Analyse auch kleine Effekte offenlegen zu können. Auch basieren quantitative Interviewstudien häufiger auf probabilistischen Stichprobenverfahren, qualitative dagegen auf nicht-probabilistischen Samples (mehre Informationen zu den Stichprobenarten finden Sie im offenen FERNFH-Kurs Vom Forschungsinteresse zum empirischen Forschungsdesign).
Bei schriftlichen Befragungen können die auszufüllenden Fragebögen entweder in Gruppen unter standardisierten Bedingungen bei Anwesenheit von Untersuchungsleiter*innen vorgegeben werden, oder die zuvor ausgesuchten Untersuchungsteilnehmer*innen erhalten den Fragebogen per Post oder elektronisch bzw. online und füllen diesen alleine aus. Wenn die Teilnehmer*innen den Fragebogen alleine ausfüllen (z.B. bei Online-Fragebögen) sollen muss der Fragebogen leicht verständlich gestaltet sein, sodass sie keine Hilfe beim Ausfüllen benötigen. Dennoch ist mit einer höheren Ausfallquote zu rechnen als bei Gruppenbefragungen. Die Rücklaufquote ist das Verhältnis der ausgefüllten Fragebögen zu jenen, die ursprünglich versandt wurden. Ein entscheidender Nachteil der Befragung aus der Ferne ist jedoch die unkontrollierte Erhebungssituation. Ob tatsächlich die angeschriebene Zielperson den Fragebogen ausfüllte, oder, ob alle Fragen ohne weitere mündliche Erklärungen richtig verstanden wurden, bleibt ungeklärt.
Bitte beachten Sie, dass Ihre strukturierten Befragungen eine für die Versuchspersonen zumutbare Länge haben, denn mit wachsender Länge sind das Interesse. Ein sinkendes Interesse hat zunehmende Antwortverweigerung (fehlende Werte) zur Folge, zudem kann die Datenqualität sinken (z.B. weil Fragen zunehmend schneller und oberflächlicher beantwortet werden). Als Faustregel gilt, dass schriftliche strukturierte Befragungen nicht länger als 10–15 Minuten dauern sollten (z.B. Online-Fragebogen. Das Beantworten des Fragebogen in einem mündlichen Interviewsetting wird etwas länger dauern, da den Befragten die Fragen und Antwortmöglichkeiten erst vorgelesen werden und es dann zu einer Entscheidung kommt, bei schriftlichen Verfahren passiert das Erfassen der Frage und die Entscheidung für eine Antwort gleichzeitig. Zudem werden im Interviewsetting aufgrund der Anwesenheit des/der Studienleiter*in mehr Nachfragen seitens der Befragten gestellt, was zusätzlich Zeit kostet.
Sie können die Methode der Befragung als Vignettenstudie auch emperimentell konzipieren.
Einmalige und mehrmalige Befragungen
Die meisten empirischen Untersuchungen beschränken sich auf einen einzigen Untersuchungszeitpunkt (eine einzelne Befragung) da dies sowohl für Forschende als auch für Untersuchungsteilnehmer*innen mit dem geringsten Aufwand verbunden ist. Solch ein Studiendesign nennt man Querschnittdesign. In weniger Studien kommen Längsschnittdesigns mit Messwiederholungen, bei denen dieselben Studienteilnehmer*innen über gewisse Zeiträume hinweg wiederholt untersucht werden (z.B. im Abstand von einem Monat, einem Jahr etc.), zum Einsatz.
Längsschnittstudien sind oft vorteilhaft, um bestimmte Hypothesen zu testen. Vor allem, wenn es um die Prüfung kurz- oder mittelfristiger Ursache-Wirkungs-Relationen geht. Messwiederholungen sind weiters nützlich, um die Genauigkeit gemessener Werte zu erhöhen. So erhält man präzisere Angaben über gewisse Erlebens- und Verhaltensweisen (z.B. durchschnittliche Arbeitszufriedenheit, Beziehungsqualität), wenn man diese nicht an einem einzigen Messzeitpunkt summarisch erfragt (denn der/die Teilnehmende kann zum Zeitpunkt des Fragebogen-Ausfüllen z.B. gerade einen großen Streit gehabt haben, was untypisch ist und zu diesem Zeitpunkt sein/ihr Antwortverhalten verzerrt), sondern über ein oder mehrere Wochen hinweg wiederholt das tägliche Erleben und Verhalten erfasst und daraus den Durchschnittswert bildet.
Eine spezielle Form der Längsschnittbefragung stellt das Tagebuch dar in dem dieselben Versuchspersonen täglich einmal oder mehrmals befragt werden. Im Wochenbuch werden die Versuchspersonen einmal wöchentlich befragt. Sowohl bei Tagebuch als auch bei Wochenbuch werden den selben Personen die selben Fragen öfter als zwei Mal gestellt. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit nicht nur between-person Vergleich sondern auch within-person Vergleiche anzustellen. -
Über die strukturierte (oder systematische) Beobachtung
Die wissenschaftliche Beobachtung ist im Gegensatz zu zufälligen Alltagsbeobachtungen zielgerichtet und methodisch kontrolliert. Sie wird beispielsweise dann angewandt, wenn allein die Tatsache, dass eine Untersuchung durchgeführt wird, das Verhalten, das untersucht werden soll, verändern oder beeinträchtigen könnte.
Beobachtungsstudien unterscheiden sich auch darin, ob es sich um eine teilnehmende oder um eine nichtteilnehmende Beobachtung handelt. Bei der teilnehmenden Beobachtung nehmen die Forscher*innen am untersuchten Geschehen teil. Es wird damit gerechnet, dass bei dieser Form der Beobachtung Einblicke erhalten werden, die Außerstehenden verschlossen bleiben. Allerdings kann der natürliche Ablauf des Geschehens durch Aktivitäten der Forschenden verändert werden. Die nichtteilnehmende Beobachtung bietet den Vorteil, dass sich die Beobachtenden vollständig auf das Geschehen und das Protokollieren konzentrieren können. Die Forscher*innen nehmen nicht am Geschehen teil, sondern beobachten dies nur.
Weiters gilt es zwischen offenen und verdeckten Beobachtungen zu differenzieren: Bei der offenen Beobachtung ist den beobachteten Personen bekannt, dass sie beobachtet werden, während sie dies bei der verdeckten Beobachtung nicht bemerken (sollen).
Wir empfehlen folgende zwei Buchkapitel für weitere Informationen zur strukturierten, quantitativen Beobachtung sowie Beispielen aus der Forschungspraxis:
Gehrau, Volker/Schulze, Anne (2013). Quantitative Beobachtung: Grundprinzipien und Anwendungen. In Möhring, Wiebke/Schlütz, Daniela (Hrsg.). Handbuch standardisierte Erhebungsverfahren in der Kommunikationswissenschaft. Wiesbaden: Springer.
Thierbach, Cornelia/Petschick, Grit (2022). Beobachtung. In Baur, Nicole/Blasius, Jörg (Hrsg.). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer.
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Über die Analyse von Text- und Multimediadaten
Verschiedene Arten von Text- und Multimediadaten können gesammelt und empirisch analyst werden. Vor allem Textanalysen sind ein beliebtes Mittel um soziologische aber auch psychologische Fragestellungen zu klären, denn die Wörter, die wir im täglichen Leben verwenden, spiegeln wider, in welchen sozialen Beziehungen wir stehen und was wir erleben bzw. wie wir die Welt erleben und gestalten.
Im Kontrast zu Primärerhebungsdaten aus Experimenten und Befragungen wurden die Daten aus Texten und Multimediainhalten nicht für den Zweck der Forschung produziert. Die Inhaltsanalys von Texten und Multimediainhalten ist demnach ein nicht-reaktives Verfahren, d.h. die Untersuchungsinhalte konnten nicht durch die Datenerhebungstechnik selbst verzerrt werden. Die außerwissenschaftliche Herkunft der Daten macht es allerdings notwendig, die Herkunft der Daten zu kontrollieren und auf Ihre Validität zu testen.
Text- und Multimediadaten sind qualitative Inhalte, welche mittels quantitativer (aber auch qualitativer) Inhaltsanalyse bewertet werden können. Mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse können Sie eine geringe Anzahl an Texten oder anderen Daten untersuchen, dafür aber wesentlich detaillierter mit dem Ziel diese zu verstehen und neue theoretische Überlegungen zu entwickeln. Die quantitative Inhaltsanalyse hingegen hat das Ziel zu beschreiben und zu erklären. Sie wendet eine begrenzte Anzahl an Merkmalen auf möglichst viele Fälle an. Bei der quantitativen Inhaltsanalyse fließen also nur die Merkmale in die Untersuchung ein, die relevant sind für die Testung der Hypothese(n) und somit Beantwortung der Forschungsfrage(n). Dabei werden Texte oder Multimediadaten (Bild, Audio oder Video) gesammelt und entlang einer zuvor erstellten Liste von Kategorien analysiert. Diese vordefinierten Analysekategorien und deren Definition werden in einem Codebuch dokumentiert. Das Codebuch ist ein Regelwerk und Kernstück jeder inhaltsanalytischen Studie.
Der Nachteil der quantitativen Inhaltsanalyse ist, dass Texte nicht in der Tiefe untersucht werden können, sondern nur anhand einiger ausgewählter Merkmale in der Breite. Das schränkt die Flexibilität der Analyse in gewisser Weise ein. Allerdings liegt der Vorteil eindeutig in der Quantität – es ist möglich, viele Texte zu untersuchen und so ein (annähernd) repräsentatives Ergebnis für die gewählte Stichprobe zu erhalten.
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Über die soziale Repräsentationen durch freie Assoziationen
Soziale Repräsentationen sind Vorstellungen und Verständnisse welche mittels freier Assoziationen erfasst werden. Da die Vorstellungen und Verständnisse einzelner Menschen über soziale Prozesse erlernt werden ist die Methode der freien Assoziationen dazu geeignet, gesellschaftliche Vorstellungen und Verständnisse empirisch zu untersuchen. Freie Assoziationen sind eine empirische Methode zur möglichst offenen, d.h. nicht standardisierten Erfassung von menschlichem Erleben und Verhalten. Dabei werden Versuchspersonen z.B. im Zuge einer standardisierten Befragung mittels Fragebogens offen nach ihren ersten (z.B. 3) Gedanken zu einem bestimmten Stimulus (z.B. in Form eines Wortes oder Bildes) befragt. Die Funktion der sozialen Repräsentation ist es neue unbekannte Inhalte vertraut zu machen. Dabei werden neue Inhalte dem System von bestehenden Wissensinhalten zugeordnet (Kategorisierung bzw. Objektivierung; siehe auch el Sehity & Kirchler, 2006).
Die lexikographische Analyse ist eine deskriptive Methode zur Visualisierung von freien Assoziationsdaten. Identische Assoziationen werden auf Basis (a) ihrer Häufigkeiten und (b) ihres Ranges in einer Assoziationskette gruppiert. Durch die Gruppierung können unterschiedliche Vorstellungen und Verstädnisse zu einem Thema getrennt werden und auch mehrere unterschiedliche Stichproben miteinander verglichen werden. Die aufbereiteten Daten können in als Variable(n) in quantiativen Zusammenhangs- und Vergleichsanalysen einfließen und in einem zweidimensionalen Koordinatensystem dargestellt werden (Kuhlich, el Sehity & Kirchler, 2005).
Hier finden Sie drei Best-Practice-Beispiele zur Anwendung der Methode in unterschiedlichen Themengebieten:
- Friederici, Kathrin (2011). "Was ist Multikulturalismus?" Inhalt und Struktur der Sozialen Repräsentation von Multikulturalismus an einer Berliner Stichprobe (Diplomarbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin).
- Marx, Vivien (2018). Soziale Repräsentation gemeinnütziger Organisationen - Was Österreicher_innen über gemeinnützige Organisationen denken und wie sich das auf ihr Spendenverhalten auswirkt (Masterarbeit an der Ferdinand Porsche FERNFH).
- Vogel, Sandra/Kollmeyer, Marlene/Schober, Barbara/Lüftenegger, Marco (2019). Soziale Repräsentationen von „Hochbegabung“ und „besonderer Begabung“ bei österreichischen Lehramtsstudierenden. Erziehung und Unterricht, 169, 65-74. -
Sie haben Ihre Daten mittels einer quantitativen Forschungsmethode gesammelt. Bevor Sie Ihre Daten analysieren zu können sind jetzt noch folgende Schritte notwendig:
- Geben Sie Ihre Daten in ein Statistikprogramm ein (z.B. SPSS, JASP). Wenn Sie eine Online-Fragebogenerhebung durchgeführt haben, dann können Sie meistens schon einen entsprechenden Datenexport ziehen und diesen dann direkt in das jeweilige Programm importieren (z.B. als csv-Datei). Bei anderen Methoden der Datensammlung (z.B. Experiment, Beobachtung, Text- und Multumediamaterial) müssen Sie Ihre Daten (zumindest teilweise) manuell in ein Statistikprogramm eingeben (oder in ein Excelsheet und dieses dann als csv-Datei in das Statistikprogramm importieren). Wir empfehlen folgendes Video-Tutorial zur Datenstruktur und Eingabe in SPSS und folgendes für Daten in JASP (englisch).
- Nach Eingabe der Daten in ein Statistikprogramm sichten Sie Ihre Daten bitte und achten darauf, dass alles an seinem Platz ist und dass in allen Zellen nur definierte Werte eingetragen sind bzw. dass alle Werte in den Zellen definiert sind (z.B. 1 = trifft total zu, 2 = trifft etwas zu, 3 = trifft eher nicht zu, 4 = trifft gar nicht zu, 5 = weiß ich nicht, 0 = missing, -99 = missing). Falls sich Ihre Fragestellung auf einzelne manifeste Variablen bezieht, die mittels einer Frage abgefragt wurden und schon jetzt nur einen Wert in Ihrem Datenfile haben (z.B. Alter, Geschlecht), dann können Sie jetzt mit Ihrer Analyse starten.
- Berechnen Sie nun Ihre Variablen. Meistens geht es darum, eine neue Variable aus dem Mittelwert von mehreren einzelnen Fragen (Items einer Skala) zu bilden. Z.B. würden Sie die Werte einer Person zu drei Items der Arbeitszufriedenheit-Skala zur Variable "Arbeitszufriedenheit" mitteln (im SPSS der Befehl MEAN). Manchmal ist es jedoch notwendig, einzelne Items umzukodieren/rezukodieren, bevor Sie die Skala und somit die Variable bilden können. Zudem sollten Sie vor der Berechnung des Mittelwertes prüfen, ob Ihre Skala reliabel ist und auf nur einen Faktor lädt. Folgen Sie hierfür bitte dieser Videoanleitung (am Beispiel SPSS). Neben dem Mittelwert kann es beim Bilden neuer Variablen auch zu anderen Berechnungen kommen, z.B. wenn Sie eine Paarbefragung durchgeführt haben und sich Ihre Fragestellung auf die Altersdifferenz der Partner*innen bezieht, dann müssen Sie die Variable Altersdifferenz bilden indem Sie die Differenz aus Alter von Partner*in 1 und Partner*in 2 berechnen (siehe diese Videoanleitung für SPSS).
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Beginnen Sie Ihre Datenauswertung mit der deskriptiven Statistik. Hierfür lassen Sie sich den Mittelwert (bzw. Median oder Modalwert) sowie Standardabweichung für Ihre Studienvariablen ausgeben. Schauen Sie sich auch Häufigkeiten an und die Verteilung Ihrer Stichprobe entlang von soziodemographischen Merkmalen (z.B. Geschlecht, Alter, Bildung, Berufserfahrung, Arbeitsstunden pro Woche...). Hier finden Sie eine Videoanleitung zum Ziehen deskriptiver Statistiken in SPSS und in JASP.
Um ein erstens Verständnis der Beziehung und Zusammenhangsmuster zwischen den Variablen zu erkunden, aber auch um mögliche Kontrollvariablen zu erkennen die für den späteren Hypothesentest relevant sind, sollten Sie - ganz unabhängig von den Hypothesen - zu Beginn eine zweiseitige (siehe unten) Korrelationsanalyse durchführen und alle Ihre Studienvariablen mit den wichtigsten soziodemographischen Variablen (z.B. Geschlecht, Alter, Bildung, Berufserfahrung, Arbeitsstunden pro Woche..) korrelieren zu lassen. Dies ergibt dann die Korrelationstabelle, welche sich auch sehr gut zur Darstellung in Abschlussarbeiten eignet (siehe Darstellung einer Korrelationstabelle im nächsten Kapitel "Berichten quantitativer Ergebnisse".
Dann widmen Sie sich dem Hypothesentest. Ja nach Hypothesentyp (nähere Informationen zu Hypothesen entnehmen Sie bitte dem offenen FERNFH-Kurs Vom Forschungsinteresse zum empirischen Forschungsdesign) kommen andere Analyseverfahren in Frage welche in Folge aufgeschlüsselt sind.
1. Unterschiedshypothesen
1a. Unterschiede von 2 Gruppen hinsichtlich ein oder mehrerer abhängiger Variablen:
- Beispielhypothese: Mitarbeiter*innen in Teams mit hohem social support zeigen eine höhere Stressresilienz als Mitarbeiter*innen in Teams mit wenig social support.
- Analyseverfahren: z.B. Zweistichproben-t-Test, Mann-Whitney-U-Test
1b. Unterschiede von mehr als 2 Gruppen hinsichtlich einer abhängigen Variablen:
- Beispielhypothese: Mitarbeiter*innen in Teams mit hohem social support zeigen eine höhere Stressresilienz als Mitarbeiter*innen in Teams mit mittlerem und wenig social support.
- Analyseverfahren: z.B. univariate Varianzanalyse (ANOVA), Kruskal-Wallis-Test
1c. Unterschiede von mehr als 2 Gruppen hinsichtlich mehrerer abhängiger Variablen:
- Beispielhypothese: Mitarbeiter*innen in Teams mit hohem social support zeigen eine (a) höhere Stressresilienz und (b) intrinsische Motivation als Mitarbeiter*innen in Teams mit mittlerem und wenig social support.
- Analyseverfahren: z.B. multivariate Varianzanalyse (MANOVA)
2. Zusammenhangshypothesen
2a. Undirektionaler Zusammenhang:
- Beispielhypothese: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Inklusion im Unternehmen und dem Job Commitment.
- Analyseverfahren: z.B. Korrelationsanalyse
2b. Direktionaler Zusammenhang
wenn 1 unabhängige Variable (UV) und 1 abhängige Variable (AV):
- Beispielhypothese: Die Inklusion im Unternehmen hat einen positiven Einfluss auf das Commitment im Job ODER Je höher Mitarbeiter*innen ihre Inklusion im Unternehmen wahrnehmen, desto höher ist ihr Commitment im Job.
- Analyseverfahren: z.B. Korrelationsanalyse, einfache Regressionsanalyse
wenn 2 unabhängige Variablen (UVs) und 1 abhängige Variable (AV):
- Beispielhypothese: Je höher Mitarbeiter*innen ihre a) fachliche und b) soziale Inklusion im Unternehmen wahrnehmen, desto höher ist ihr Commitment im Job.
- Analyseverfahren: z.B. multiple Regressionsanalyse
wenn 1 oder mehr unabhängige Variable (UVs) und 2 oder mehr abhängige Variable (AVs):
- Beispielhypothese: Je höher Mitarbeiter*innen ihre a) fachliche und b) soziale Inklusion im Unternehmen wahrnehmen, desto höher ist ihr c) Commitment und ihre d) Zufriedenheit im Job.
- Analyseverfahren: z.B. Pfadmodell, Strukturgleichungsmodell (da diese Analysen nicht mehr so einfach mittels SPSS und JASP durchgeführt werden können empfehlen wir Ihnen eine Hypothese mit mehreren AVs in mehrere Hypothesen mit jeweils nur einer AV zu splitten und getrennte Analysen durchzuführen).
2c. Moderation:
- Beispielhypothese: Die wahrgenommene Inklusion im Unternehmen hat einen positiven Effekt auf das Job Commitment und dieser Zusammenhang ist umso höher, je höher die intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen ist.
- Analyseverfahren: z.B. multiple Regressionsanalyse (moderierte Regression)
2d. Mediation:
- Beispielhypothese: Die wahrgenommene Inklusion im Unternehmen hat einen positiven Einfluss auf das Job Commitment und dieser Zusammenhang wird durch das Gefühl von sozialer Eingebundenheit vermittelt: Je höher die Inklusion desto höher die soziale Eingebundenheit, und je hoher die soziale Eingebundenheit desto höher das Commitment.
- Analyseverfahren: z.B. Mediationsanalyse
3. Veränderungshypothesen
3a. Veränderungen über 2 (Mess-)Zeitpunkte:
- Beispielhypothese: Das Stresslevel ist unmittelbar nach einer Übung zum Stressabbau niedriger als es davor war.
- Analyseverfahren: z.B. abhängiger t-Test, Wilcoxon-Test für abhängige Stichproben
3b. Veränderungen über mehr als 2 (Mess-)Zeitpunkte:
- Beispielhypothese: Nach einer Woche Stressübungen ist das Stresslevel niedriger als vor der Stressübung und sinkt dann nochmal nach zwei Wochen Stressübungen.
- Analyseverfahren: z.B. ANOVA mit Messwiederholung, Friedman-Test
Ein- vs. zweiseitiges Testen
Üblicherweise werden Hypothesen gerichtet formuliert (z.B. Es besteht ein positiver/negativer Zusammenhang zwischen X und Y ODER Der Wert von Gruppe A ist größer als der von Gruppe B.) und können dann einseitig getestet werden, d.h. der p-Wert (Signifikanzwert) darf halbiert werden. Selten werden Hypothesen ungerichtet formuliert (z.B. Es besteht ein Zusammenhang zwischen X und Y) und müssen dann zweiseitig getestet werden. Es empfiehlt sich aber immer, zweiseitig zu testen, dann ist man unvoreingenommen gegenüber möglicher nicht vorhergesehenen Zusammenhänge in den Daten. Auch in den gängigen Statistikprogrammen wie SPSS und JASP werden standardmäßig zweiseitige Tests verwendet. Wenn man hier einseitig testen will muss man das aktiv umstellen/einstellen. Hier ein Video zum ein- und zweiseitigem Testen. -
(Quantitative) Empirische Ergebnisse werden üblicherweise im Zuge von Bachelor- und Masterarbeiten sowie von wissenschaftlichen Artikeln, Berichten und Buchkapiteln veröffentlicht. Empirische Arbeiten folgen üblicherweise folgender Struktur:
1. Einleitung
2. Theorie und Hypothesen
3. Methode
4. Ergebnisse
5. Diskussion
Im Ergebnisteil berichten Sie die Resultate aus Ihrer empirischen Untersuchung (siehe auch Sonnentag, 2006). In Abhängigkeit von der Fragestellung und den durchgeführten Analysen kann es sinnvoll sein, den Ergebnisteil weiter zu untergliedern. Mögliche Abschnitte könnten z.B. sein: (1) Hypothesentests und (2) Weiterführende Analysen. Alle deskriptiven Analysen, die sich auf die Beschreibung der Stichprobe oder die Reliabilität und Validität der Skalen beziehen, gehören üblicherweise in den Methodenteil.
Die Darstellung der Ergebnisse aus den Hypothesentests macht das Kernstück des Ergebnisteils aus. Um die Beschreibung der Hypothesentests in eine nachvollziehbare Struktur zu bringen, sollten Sie die Ergebnisse zu den einzelnen Hypothesen in der Reihenfolge der Hypothesen beschreiben. Dabei empfiehlt es sich, zunächst jeweils noch einmal kurz die Hypothese zu nennen, um sie dem Leser wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Zusätzlich zu den vorab geplanten Hypothesentests haben Sie möglicherweise weiterführende, explorative Analysen durchgeführt. Solche weiterführenden Analysen sind nicht immer notwendig, können aber manchmal angebracht sein. Zum Beispiel, wenn die gesammelten Daten nicht für Ihre Hypothesen sprechen und Sie mögliche Gründe dafür explorieren wollen. In jedem Fall ist wichtig, dass Sie diese weiterführenden Analysen gut begründen, d.h. plausibel darstellen, warum Sie diese Analysen durchgeführt haben.
Für den Ergebnisteil gilt in besonderem Maße, dass Ihr Schreibstil so konsistent und gleichförmig wie möglich sein sollte. Beschreiben Sie Ihre Ergebnisse in parallel konstruierten Sätzen. Dies mag eintönig erscheinen, erleichtert den Leser*innen jedoch die Orientierung. Kreativität ist hier fehl am Platz. Dabei sollen Sie die Ergebnisse jedoch nicht ausschließlich „technisch“ beschreiben sondern den Leser*innen deutlich machen, wie die Ergebnisse konkret aussehen (ohne sie jedoch bereits zu interpretieren, denn das machen Sie erst in der Diskussion danach). So bleibt ein Satz wie „Bei der Vorhersage der Variable B zeigte sich für den Prädiktor A ein positives Beta“ sehr abstrakt und technisch. Anschaulicher werden die Ergebnisse durch einen Satz wie „... Personen mit einer hohen Ausprägung auf der Variable A haben gleichzeitig höhere Werte auf der Variablen B“. Hinweise (auf Englisch) zur Sprache in wissenschaftlicher Publikationen finden sich weiters u.a. bei Bem (1995).
Ein wichtiger Bestandteil des Ergebnisteils sind die Tabellen. Es kann sinnvoll sein, dass Sie die Tabellen mit den wesentlichen Ergebnissen zuerst erstellen, bevor Sie den dazugehörigen Text schreiben. So können Sie selbst zunächst einen guten Überblick über die wesentlichen Befunde bekommen. Eine Korrelationstabelle sollte in keiner wissenschaftlichen Arbeit fehlen. Diese enthält die Mittelwerte, Standardabweichungen und Korrelationskoeffizienten der wichtigsten deskriptiven Variablen (z.B. Geschlecht, Alter, Bildung) und der Studienvariablen. Ein Beispiel für eine Korrelationstabelle und andere Tabellen finden Sie etwas weiter unten in diesem Onlinekurs.
Abbildungen sind nicht immer zwingend notwendig, können aber das Verständnis des Textes und der dargestellten Inhalte deutlich erleichtern. Bestimmte Ergebnisse wie Moderationseffekte (Interaktionseffekte) können durch eine Abbildung sehr viel besser als durch reinen Text veranschaulicht werden, nähere Informationen (auf Englisch) finden Sie unter http://www.jeremydawson.co.uk/slopes.htm. Ein Abbildungsbeispiel eines Moderationseffekts finden Sie etwas weiter unten in diesem Onlinekurs.
Literaturquellen:
Bem, Daryl J. (1995). Writing a review article for Psychological Bulletin. Psychological Bulletin, 118(2), 172–177.
Sonnentag, Sabine (2006). Abschlussarbeiten und Dissertationen in der angewandten psychologischen Forschung. Göttingen: Hogrefe.