Abschnittsübersicht

  • Ihre Ansprechpartnerinnen:
    Dr.in Julia Schöllbauer, BSc. MSc.
    Dr.in Birgit Teufer, BSc. BA MA

    Wir beantworten Ihre Fragen gerne hier: Austausch Forschungsdesigns und -methoden (hier haben nur Studierende der FERNFH Zugriff, den Einschreibeschlüssel finden Sie in vielen Online-Kursen, zudem können Sie ihn jederzeit bei den Ansprechpartnerinnen anfragen).

     

    Herzlich willkommen im offenen FERNFH-Kurs 

     Vom Forschungsinteresse zum empirischen Forschungsdesign


    Dieser Kurs begleitet Sie durch die Planungsphase Ihres empirischen Forschungsprojekts. Im Folgenden lernen Sie, wie Sie von einem allgemeinen Thema / Forschungsinteresse zu einer konkreten Fragestellung und dem dazu passendem Forschungsdesign kommen.

    Was bedeutet empirisch? 
    Das Wort empirisch kommt aus dem griechischen und bedeutet "auf Erfahrung beruhend". Empirische Forschung sucht nach Erkenntnissen durch systematische Auswertung von Erfahrungen (Evidenzen), d.h. empirisch (oder evidenzbasiert) sind alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die auf Erfahrungen (Beoachtungen) aufbauen, die systematisch gesammelt und ausgewertet werden. Der Fokus einer empirischen Wissenschaft ist es, menschliche Erfahrung zu systematisieren und methodisch vor Irrtum zu sichern.

    • Das Forschungsthema

      Grobe Forschungsinteressen können generell folgende Ausgangspunkte haben - wobei sich diese auch überschneiden können:

      • privater Alltag (z.B. Sie bemerken, dass Ihr/e Partner*in während Ihrer gemeinsamen Zeit abwesend wirkt und ständig an die Arbeit denkt. Deshalb möchten Sie untersuchen, welche Arbeitsereignisse zum Grübeln über die Arbeit in der Freizeit führen.)
      • beruflicher Alltag (z.B. Sie bemerken, dass jüngere Mitarbeiter*innen häufiger Problem mit Vorgesetzten melden und möchten deshalb untersuchen, ob es Unterschiede zwischen Generationen in Bezug auf Führung gibt.)
      • Forschungslücken (z.B. in Ihrer Recherche finden Sie zahlreiche Studien zu Nachhaltigkeit in Unternehmen, aber keine Daten zur Rolle vom Top Management Team bei der Umsetzung.)

      Ziel dieser ersten, dem Forschungsprozess vorgelagerten Phase ist es, ein Thema zu finden, für das man sich selbst interessiert und zu dem man neue Erkenntnisse gewinnen will. 

      Orientierende Fragen in dieser Phase

      • Was will ich untersuchen?
      • Auf welche Frage bzw. Fragen will ich eine Antwort geben?
      • Interessiert mich das Thema wirklich?
      • Ist die Erforschung dieses Themas wissenschaftlich relevant?
      • Ist die Erforschung dieses Themas praktisch wichtig?

      Tipps für FERNFH-StudierendeIm Verzeichnis der Abschlussarbeiten der FERNFH eBibliothek können Sie sich einen Überblick verschaffen, für welche Forschungsthemen sich Ihre Vorgänger*innen in den FERNFH Bachelor- und Masterstudiengängen entschieden haben. Vielleicht inspiriert Sie das zu einem eigenen Thema. Ansonsten können Sie auch immer mit Ihrer/Ihrer Betreuer*in Rücksprache halten.

      Wenn Sie Ihr grobes Thema bzw. Forschungsinteresse gefunden haben geht es in einem nächsten Schritt weiter um die Frage: Was gibt es bereits zu dem gewählten Thema? Mit dem Literaturstudium zum Zweck der Sammlung bereits verfügbaren Wissens beginnt nun der eigentliche Forschungsprozess.
    • Das Literaturstudium

      Grundsätzlich steht am Beginn jedes Forschungsprojekts ein Studium der bestehenden Literatur zu einem Thema. Dies ist notwendig, um aus einem noch breiten Forschungsthema eine konkrete Fragestellung zu entwickelnIn dieser Anfangsphase genügt es meist, sich einen Überblick über das Forschungsthema zu verschaffen (spätestens nach Formulierung der Forschungsfrage sollten Sie jedoch die Literatur im Detail aufarbeiten)

      Ziel des Literaturstudiums ist es Ihr Thema im wissenschaftlichen Diskurs verorten zu können und Forschungslücken zu identifizieren. Dies befähigt Sie dazu, in einem nächsten Schritt konkrete Forschungsfrage(n) zu formulieren.

      Orientierende Fragen in dieser Phase

      • Was versteht man genau unter XY? 
      • Welche theoretischen Ansätze finden sich in dem Forschungsbereich? 
      • Was wurde zu diesem Thema bislang empirisch untersucht? 
      • Was sind offene Forschungsfragen?

      Arten von wissenschaftlicher Literatur

      Primärliteratur: Originalwerke, bilden den aktuellen Fortschritt in einer Wissenschaft ab, darunter Zeitschriftenartikel (peer-reviewed ist zu bevorzugen), Buchkapitel und Monographien.
      Sekundärliteratur: In der Sekundärliteratur wird über die Primärliteratur geschrieben, zum Beispiel werden in Lehrnbüchern oder anderen Übersichtsarbeiten (z.B. Literaturreviews und Meta-Analysen) Erkenntnisse aus Originalarbeiten zusammengefasst dargestellt.

      Tipps für FERNFH-StudierendeVerwenden Sie hierfür Google Scholar und die Datenbanken, zu denen Sie über die FERNFH eBibliothek Zugriff haben. Zusätzlich können Sie auch in den Bibliotheken der österreichischen Universitäten recherchieren.

      Um die vorhandene Literatur möglichst systematisch aufzuarbeiten können Sie für Ihr Literaturstudium ein Literaturverwaltungsprogramm verwenden. Hier finden Sie einen Vergleich unterschiedlicher Programme.

      Dieses erste Literaturstudium endet mit der Formulierung einer Forschungsfrage. Dabei kommtes jedoch vor, dass Sie zwischen den Schritten Literaturstudium und Formulierung einer Forschungsfrage einige Male hin- und herspringen müssen, d.h. eine Forschungsfrage entwerfen, dann diese mit der bestehenden Literatur abgleichen, dann die Forschungsfrage nochmal zu verändern, etc.

    • Die Forschungsfrage                               

      Nachdem Sie Ihr Thema gefunden haben und sich einen Überblick über die bestehende wissenschaftliche Literatur dazu geschaffen haben, können Sie Ihre Forschungsfrage spezifizieren. Üblicherweise ist jede empirische Forschungsstudie von mindestens einer Forschungsfrage angeleitet. Und das unabhängig davon, ob die Studie dann mittels qualitativer oder quantitativer Methoden durchgeführt wird. 

      Ihre Forschungsfrage(n) sollte(n) eine gesellschaftlich relevante Problemstellung aufgreifen, sie sollte(n) nach neuen Erkenntnissen zu einem Thema oder neuen Lösungen für ein Problem fragen und mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen beantwortbar sein. 

      Bei Forschungsfragen handelt es sich oft um W-Fragen (Beispiel: „Welche Spielarten eignen sich besonders gut für die Gamification von Arbeit und warum?“). Jedenfalls werden Forschungsfragen immer offen formuliert, es wird z.B. keine Antwort vorweggenommen oder Effektrichtung formuliert (Beispiel: „Spielen Personen lieber alleine oder zu zweit am Computer oder ist beides gleichermaßen beliebt?“). Die Forschungsfragen einer Studie werden mit F oder FF (bzw. im Englischen mit RQ) abgekürzt und in der Regel durchnummeriert präsentiert (z.B. FF1, FF2, FF3 bzw. RQ1, RQ2, RQ3 etc.). 

      Die Qualität einer Forschungsfrage lässt sich unter anderem durch ihre Spezifität und Fokussierung beurteilen: Forschungsfragen sollten zielgerichtet und eindeutig formuliert werden. Das heißt, eine Forschungsfrage soll klar abgrenzen, was - und im Idealfall auch wer und wie - untersucht wird. In manchen Fällen ist es auch zielführend, eine breitere allgemeine Forschungsfrage durch Unterfragen zu spezifizieren (z.B. FF1, FF1a, FF1b etc.).

      Die Forschungsfrage soll theoretisch fundiert und in eine spezifische Forschungsperspektive eingebettet sein. Deshalb kann es notwendig sein, nach (vorläufiger) Formulierung einer Forschungsfrage nochmal einen Blick in die Literatur dazu zu werfen und die Forschungsfrage dann ggf. noch zu ändern bzw. zu spezifizieren. 

      Ziel dieser Phase ist es, eine (oder mehrere) spezifische, theoretisch fundierte und praktisch relevante Forschungsfrage(n) zu formulieren, die durch die wissenschaftliche Literatur bisher noch nicht (vollständig) beantwortet wurde(n).

      Eigenheiten qualitativer und quantitativer Forschung In der qualitativen Forschung, in deren Logik Offenheit und Zirkularität des Forschungsprozesses wichtig sind, lassen sich Forschungsfragen im Laufe eines Forschungsprozesses bei Bedarf noch verändern oder ergänzen. Die qualitativen Forschungsfragen sind so formuliert, dass die Antwort eine Beschreibung einer Situation / eines Sachverhaltes darstellt, von der wir noch relativ wenig wissen. Was, wie, warum und welche sind etwa gute Fragewörter für qualitative Forschungsfragen, z.B.:
      • Was erleben Frauen bestimmter Kulturen während der Menopause?
      • Wie wird sich XY im Zuge der Digitalisierung verändern?
      • Warum zeigen Menschen einer bestimmten Gruppe das Verhalten XY?
      • Welche Merkmale von XY können beschrieben werden?
      • Welche Strategien helfen, die negativen Konsequenzen von XY zu vermeiden?

      Wenn Sie ein quantitatives Forschungsdesign wählen, um Ihre Forschungsfrage zu beantworten, werden Sie in einem nächsten Schritt Hypothesen formulieren und die Forschungsfrage(n) ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verändern, da Ihre Hypothese(n) davon abhängen. Die quantitativen Forschungsfragen fragen nach der Spezifizierung von Dingen, von denen wir schon grundlegend etwas wissen, so wie die Anzahl, dem Ausmaß, der Höhe, der Intensität, dem Zusammenhang, dem Unterschied oder anderen in Zahlen ausdrückbaren Größen, z.B.:
      • Wie häufig passiert XY?
      • Gibt es einen Unterschied zwischen X und Y?
      • Hängen X und Y zusammen?
      • Wie stark ist die intrinsische Motivation von Gruppe XY zu lernen?

      Forschungsfragen können unterschiedliche Forschungseinheiten betreffen (z.B. Organisationen, Gruppen, Individuen, etc.). In einem nächsten Schritt sollten Sie also Ihre Stichprobe (Sample) identifizieren und beschreiben.

    • Die Zielpopulation und die Stichprobe

      Die Gesamtheit aller Fälle, über die durch eine Studie etwas ausgesagt werden soll, nennt man (Ziel-)Population oder GrundgesamtheitJe nach Größe der Zielpopulation werden entweder alle interessierenden Fälle untersucht (Vollerhebung, z.B. alle Einwohner*innen eines kleinen Dorfes) oder eine Stichprobe von Fällen ausgewählt (Teilerhebung, z.B. eine Stichprobe aus der österreichischen Bevölkerung). Eine Stichprobe beschreibt die endliche, möglichst repräsentative Teilmenge von Personen einer Zielpopulation, die beobachtet werden um Rückschlüsse auf die Gegebenheiten in der unendlichen Grundgesamtheit zu ziehen.

      „Gute Stichproben“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie der Grundgesamtheit hinsichtlich möglichst vieler Merkmale und Merkmalskombinationen gleichen, das heißt, dass sie repräsentativ sind. Zu beachten ist dabei, dass die sogenannte „Auswahlgesamtheit“ (= Personen, die eine Chance haben, in die Stichprobe zu gelangen) nicht unbedingt der angestrebten Grundgesamtheit entsprechen muss. 

      Ziel dieser Phase ist es, die Zielpopulation, welche durch die (Ergebnisse der) Forschungsfrage betroffen ist, zu definieren und zu entscheiden, ob diese vollständig beobachtet werden kann. Da eine Vollerhebung selten in Frage kommt gilt es in dieser Phase oft auch zu definieren, aus welchen Personen/Einheiten sich Ihre Stichprobe zusammensetzt um die Zielpopulation möglichst gut zu repräsentieren.

      Orientierende Fragen bei der Definition von Population und Stichprobe

      • Wen betriffts?
      • Wie charakterisieren sich die, die es betrifft? 
      • Erreiche ich alle, die es betrifft?

      Eigenheiten qualitativer und quantitativer Forschung Die qualitative Sozialforschung hat das Ziel, das subjektive Erleben und Erfahrungen, Sichtweisen und Theorien zu verstehen, und zwar auf Ebene des Einzelfalls. Ziel beim Sampling in einer qualitativen Studie ist daher die qualitative Repräsentation und nicht die quantitative. Die Definition der zu untersuchenden Stichprobe lassen sich im Laufe des qualitativen Forschungsprozesses demnach bei Bedarf noch verändern.
      • Die Vorab-Festlegung der Samplestruktur beruht auf der Logik der Stichprobenziehung. D.h. wir wählen Personen, Gruppen, Organisationen vorab aus, die bestimmte Merkmale haben, die in einer bestimmten Verteilung vorliegen. Typische Merkmale sind: z.B. demografische Aspekte (Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Bildungsniveau etc.) oder weitere forschungsthematische spezifische Aspekte (z.B. Position im Unternehmen, Branche, Abteilung). Die forschungsrelevanten Merkmale werden von vornherein theoretisch begründet und werden unabhängig vom konkret untersuchten Material vor Erhebung und Analyse entwickelt. Die größte Gefahr bei dieser Vorgehensweise sind sogenannte Kategorienfehler, die uns hier unterlaufen können. Wenn Sie z.B. vorab annehmen, dass beim Forschungsthema Geschlecht einen Unterschied macht, dann können Sie mit dieser Vorab-Festlegung bestehende Stereotypen reifizieren/reproduzieren.
      • Beim schrittweisen Festlegen des Samples werden die Entscheidungen über die Auswahl des Datenmaterials im Laufe der Erhebung getroffen. Oft orientieren sich schrittweise Strategien am theoretischen Sampling (Entscheidungen über die Auswahl und Zusammensetzung des empirischen Materials - Personen, Gruppen, Unternehmen etc. - werden im Prozess der Datenerhebung und -auswertung gefällt. Dabei werden schrittweise Personen, Gruppen, Organisationen etc. ausgewählt, bei denen angenommen wird, dass sie etwas Neues für die zu entwickelnde Theorie beitragen. Umgekehrt werden solche ausgeschlossen, von denen angenommen wird, dass sie nichts Neues mehr beitragen können - dies nennt man auch theoretische Sättigung) oder an Fallstudien mit gezielten Extremfällen oder abweichenden Fällen (Um ein Forschungsthema zu erforschen, kann es hilfreich sein, besonders gelungene oder auch Bereiche, Fälle, die nicht gelungen sind, heranzuziehen), typischen Fällen (Es werden diejenigen Fälle ausgewählt, in denen z.B. der Verlauf besonders typisch für den Durchschnitt oder die Mehrzahl der Fälle ist) oder maximaler Variation (Es werden wenige, aber möglichst unterschiedliche Fälle einbezogen, um Variationsbreiten und Unterschiedlichkeiten im Feld zu erschließen).

      In der quantitativen Forschung werden Sie einmal Ihre Stichprobe definieren (siehe Vorab-Festlegung oben) und diese dann eher nicht mehr verändern da Sie Prozesse oder Phänomene für genau diese Population (verallgemeinert) erklären wollen.

      Hier finden Sie weitere Informationen zur Stichproben in der qualitativen und quantitativen Forschung.

      Wenn Sie nun Klarheit über Ihre Forschungsfrage(n) und die zu untersuchende Zielpopulation haben müssen Sie nun für ein Forschungsdesign entscheiden. Das nachfolgende Kapitel hilft Ihnen zu entscheiden, ob Sie Ihre Studie qualitativ oder quantitativ designen.

    • Das Forschungsdesign

      Wenn Sie Ihre Forschungsfrage und die zu beforschende Population definiert haben stellt sich nun die Frage, wie Sie Ihre Forschungsfrage beantworten können. Grundsätzlich wird zwischen qualitativen und quantitativen empirischen Forschungsdesigns unterschieden. Werden beide kombiniert, so spricht man von einem mixed methods Design.

      Die Unterschiede zwischen quantitativer und qualitativer Sozialforschung liegen nicht nur in ihrem unterschiedlichen Methodenrepertoire sondern vor allem auch in ihren ontologischen und erkenntnistheoretischen Wurzeln (Wie sehe ich die Welt? Wie erlange ich zu Erkenntnis?). Hier finden Sie einen Überblick über die beiden unterschiedlichen Perspektiven


      Ziel dieser Phase ist es sich für das Forschungsdesign zu entscheiden, welches die methodischen Möglichkeiten bieten, die meine Forschungsfrage(n) beantworten können. Dabei sollten Sie sich für ein qualitatives, quantitatives oder mixed methods Design entscheiden.

      Qualitative Sozialforschung steht in der wissenschaftstheoretischen Tradition der Geisteswissenschaften. Im Zuge eines zirkulären bzw. iterativen Forschungsprozesses, z.B. durch teilnehmende Feldbeobachtung oder narratives Interview, werden qualitative bzw. nichtnumerische Daten (Text-, Bild- oder Videomaterial) gesammelt, welche in Folge mittels interpretativer Methoden analysiert werden.
      Qualitative Forschung ist geeignet, wenn ..

      • ein Phänomen oder Prozess grundlegend verstanden werden soll,
      • Verhaltensbandbreiten identifiziert werden sollen,
      • Motive, Einstellungen und Verhalten offengelegt werden sollen,
      • Motive, Einstellungen und Verhalten erklärt werden sollen,
      • für künftige, quantitative Forschung Input geliefert werden soll.

      Quantitative Sozialforschung steht in der wissenschaftstheoretischen Tradition der Naturwissenschaften. Im Zuge eines sequenziellen Forschungsprozesses, z.B. in Experimenten oder in standardisierten Fragebogenerhebungen, werden quantitative bzw. numerische Daten (Messwerte) gesammelt, welche in Folge mittels statistischer Methoden analysiert werden.
      Quantitative Sozialforschung ist geeignet, wenn ...

      • ein Phänomen oder Prozess erklärt werden soll,
      • Regelhaftigkeiten identifiziert werden sollen,
      • Aussagen/Regeln für eine breite Grundgesamtheit getroffen werden sollen,
      • es um Zusammenhänge, Ursachen und Wirkungen geht,
      • Theorie und empirische Vorbefunde die Formulierung von Hypothesen zulassen.

      Orientierende Fragen zum Finden eines geeigneten Forschungsdesigns

      • Wie beantworte ich meine Forschungsfrage(n)?
      • Fand ich in der Literatur ein klares Vorverständnis zu meinem Thema (Theorien und/oder empirische Befunde)? JA -> eher quantitatives Design wählen / NEIN = eher qualitatives Design wählen
      • Geht es in meiner Forschungsfrage um die Beschreibung bestimmter Phänomene, Prozesse oder Strategien im Umgang mit diesen? JA -> eher qualitatives Design wählen
      • Geht es in meiner Forschungsfrage um Häufigkeiten oder um Einflüsse bzw. Zusammenhänge zwischen Phänomenen? JA -> eher quantitatives Design wählen


    • Qualitative und qualitative Forschungsmethoden

      Je nachdem, ob Sie sich für ein qualitatives oder quantitatives Forschungsdesign entscheiden stehen Ihnen andere Methoden zur Verfügung:

      Qualitative Forschungsmethoden sind u.a. Fallstudien, Interview, Fokusgruppe, qualitative Dokumentenanalyse und teilnehmende Beobachtung. Bei qualitativen Studien müssen Sie tendenziell mehr Zeit in die Datensammlung und die qualitative Auswertung der Daten (und - bei angemessenen Kenntnissen - weniger in die Planungsphase) investieren. >> Weiterführende Informationen finden Sie im offenen FERNFH Kurs Qualitative Forschungsdesigns und -methoden

      Quantitative Forschungsmethoden sind u.a. Experiment und Quasi-Experiment, strukturierte Befragung (z.B. standardisiertes Interview, Fragebogen), quantitative Dokumentenanalyse und strukturierte Beobachtung. Bei quantitativen Studien müssen Sie tendenziell mehr Zeit in die Phase vor der Erhebung (und - bei angemessenen statistischen Kenntnissen - weniger in die Auswertungsphase) investieren, um Ihre Hypothesen bzw. Studienvariablen zu operationalisieren und ein valides Erhebungsinstrument einsetzen zu können. >> Weiterführende Informationen finden Sie im offenen FERNFH Kurs Quantitative Forschungsdesigns und -methoden

      Falls Sie sich für ein quantitatives Forschungsdesign entscheiden sollten Sie in einem nächsten Schritt Hypothesen formulieren, welche die Forschungsfrage spezifizieren und eine wahrscheinliche Antwort darauf antizipieren.

      Wenn Sie qualitative und quantitative Methoden innerhalb einer Studie kombinieren spricht man von einem „Mixed Methods“-Design.

      Bitte beachten Sie bei der Planung Ihrer empirischen Studie auch immer, dass diese ethischen Richtlinien entspricht.

    • Die Hypothese in der quantitativen Forschung

      Wenn Ihre Forschungsfrage/n die Anwendung quantitativer Methoden erfordert/erfordern, so gilt es, neben der/den Forschungsfrage/n auch eine/mehrere Hypothese/n zu formulieren. Eine Hypothese (vom Griechischen bzw. Spätlateinischen hypothesis, wörtlich ‚Unterstellung‘) ist eine Vermutung, die für bestimmte Zwecke als wahr angenommen wird, bis sie erhärtet oder wiederlegt wird. Eine Hypothese ist also noch keine gesicherte Erklärung für einen beobachteten Sachverhalt, sondern eine vorläufige Aussage (Seiffert, 2003). 

      Neben der offenen Forschungsfrage geben Hypothesen einen konkreten Zusammenhang und oftmals auch eine Richtung vor. Dabei werden Hypothesen auf Basis von theoretischen und/oder empirischen Befunden aufgestellt (eine Entwicklung aus der eigenen "Intuition" heraus ist für eine wissenschaftliche Arbeit nicht ausreichend). Wissenschaftliche Hypothesen müssen bestimmten Kriterien genügen und lassen sich oft als Konditionalsatz formulieren (z.B. „wenn-dann“, „je-desto“) . 

      Kriterien wissenschaftlicher Hypothesen
      • Falsifizierbarkeit: Es müssen Beobachtungen denkbar sein, die der Hypothese widersprechen.
      • Widerspruchsfreiheit: Eindeutige, konsistente Aussagen sind enthalten.
      • Nachvollziehbarkeit: Hypothesen müssen nachvollziehbar hergeleitet (begründet) werden aus theoretischen und/oder empirischen Befunden.
      • Operationalisierbarkeit: Die Konstrukte müssen in Variablen übersetzt werden können.
      • Sparsamkeit: Die Hypothese soll auf so einfache Art wie möglich formuliert sein und auf alle entbehrlichen Bestandteile verzichten ("Occam's Razor").

      Es können grundsätzlich drei Arten von Hypothesen unterschieden werden:

      UnterschiedshypothesenUnterschiedshypothesen postulieren Unterschiede zwischen zwei oder mehreren Gruppen. 

      Beispiel: Mitarbeiter*innen in Teams mit hohem social support zeigen eine höhere Stressresilienz als Mitarbeiter*innen in Teams mit wenig social support.

      ZusammenhangshypothesenZusammenhangshypothesen postulieren einen Zusammenhang zwischen zwei oder mehreren Variablen. Hier wird entweder ein bidirektionaler Zusammenhang untersucht (bei dem sich zwei Variablen gegenseitig beeinflussen) oder ein direktionaler Effekt, d.h. Variable A ist der Prädikator (unabhängige Variable) und beeinflusst Variable B, das Kriterium bzw. die abhängige Variable.

      Beispiel bidirektionale Hypothese: Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Inklusion im Unternehmen und dem Job Commitment.

      Beispiel direktionale Hypothese: Je höher Mitarbeiter*innen ihre Inklusion im Unternehmen wahrnehmen, desto höher ist ihr Commitment im Job.

      Weiters können Zusammenhangshypothesen Moderatorvariablen enthalten, welche Bedingungen für die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen abbilden (z.B. Die wahrgenommene Inklusion im Unternehmen hat einen positiven Effekt auf das Job Commitment und dieser Zusammenhang ist umso höher, je höher die intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen ist.). Mediatorvariablen beschreiben den Wirkungsmechanismus beim Einfluss einer Variablen auf eine andere genauer (z.B. Die wahrgenommene Inklusion im Unternehmen hat einen positiven Einfluss auf das Job Commitment und dieser Zusammenhang wird durch das Gefühl von sozialer Eingebundenheit vermittelt: Je höher die Inklusion desto höher die soziale Eingebundenheit, und je hoher die soziale Eingebundenheit desto höher das Commitment.).

      VeränderungshypothesenVeränderungshypothesen postulieren eine Veränderung einer Variablen über die Zeit bzw. einen Zusammenhang zwischen Variablen, der sich über die Zeit verändert. 

      Beispiel: Das Stresslevel ist unmittelbar nach einer Übung zum Stressabbau niedriger als es davor war.


      Üblicherweise werden Hypothesen gerichtet formuliert. Die Richtung des postulierten Effekts spezifiziert Unterschiede und Zusammenhänge. Meist gibt man demnach an, ob man davon ausgeht, dass Gruppe A größer/kleiner ist als Gruppe B bzw. der Zusammenhang zwischen Variable A und B positiv oder negativ ist. 

      Bei Zusammenhangs- und Veränderungshypothesen wird meistens von einem linearen Zusammenhang ausgegangen, d.h. wenn die UV (z.B. Alter) um eine Einheit steigt oder sinkt, so steigt/sinkt die AV (Arbeitserfahrung) auch um eine Einheit, und das unabhängig der Höhe der Ausprägung der Variablen. Die Zusammenhänge können jedoch auch kurvilinear sein, sodass der Zusammenhang bei hohen/niedrigen Ausprägungen der UV stärker/schwächer wird. Z.B. ist es plausibel, dass Alter und Arbeitserfahrung einen kurvilinearen Zusammenhang haben, da der Zusammenhang ab dem Pensionsantrittsalter aufhört.


      Quellenangabe:

      Seiffert, Helmut. (2003). Einführung in die Wissenschaftstheorie (Bd. I, 12. Aufl.). München: C. H. Beck.

    • Operationalisierung von Hypothesen

      Wichtig ist auch schon bei der Hypothesenbildung ein Auge darauf zu haben, ob Ihre Hypothesen auch operationalisierbar sind, d.h., ob Sie die Variablen auch messen können (z.B. mittels validierter Fragebogenskalen).

      Die Operationalisierung eines theoretisches Konzepts bzw. einer latenten Variable legt fest, anhand welcher beobachtbaren Indikatoren die Ausprägung des theoretischen Konzepts bei den Untersuchungsobjekten festgestellt werden soll. Mit der Festlegung der Operationalisierung wird für ein theoretisches Konzept eine konkretisierende operationale Definition vorgenommen, mittels derer das theoretische Konstrukt gemessen werden kann. Komplexe theoretische Konstrukte werden selten mit einem einzigen Indikator (Einzelindikator als Messinstrument) operationalisiert, sondern meist über mehrere Indikatoren (d.h. über eine Skala oder einen Index als Messinstrument). Zum Beispiel wird das theoretische Konstrukt intrinsische Arbeitsmotivation über die Indikatoren Spaß, Spannung und Interesse an der Arbeit operationalisiert und gemessen (Gagné et al., 2015).

      Nähere Informationen zu quantitativen Messmethoden finden Sie im offenen FERNFH-Kurs Quantitative Forschungsdesigns und -methoden.


      Quellenangabe:

      Döring, Nicola/Bortz, Jürgen (2016). Operationalisierung. In Döring, Nicola/Bortz, Jürgen (Hrsg.) Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften (S. 228-235). Berlin, Heidelberg: Springer.

      Gagné, Marylène et al. (2015). The Multidimensional Work Motivation Scale: Validation evidence in seven languages and nine countries. European Journal of Work and Organizational Psychology, 24, 178–196.

  • Durch die Präregistrierung einer quantitativen empirischen Studie wird offengelegt, welche Hypothesen mit welchem methofischen Vorgehen an welcher Stichprobe getestet werden. Die Präregistrierung stellt ein zentrales Element von Open Science-Praktiken dar, die sie Transparenz, Replizierbarkeit und damit die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit wissenschaftlicher Funde gewährleisten soll. Die Präregistrierung gilt insbesondere als effektives Mittel, um Qualitätsmängeln in der psychologischen Forschungs- und Publikationspraxis, die seit 2011 im Rahmen der Replikationskrise deutlich wurden, entgegenzuwirken.

    Präregistrierungen können entweder auf open science-Platformen (z.B. Open Society Foundationsoder bei Fachjournals gemacht werden. Die Einreichung bei Fachjournals hat den Vorteil, dass die Präregistrierungen auch fachkundig begutachtet und befeedbacked werden (in einem peer-review Prozess), wodurch die Forscher*innen ihr Forschungsdesign nochmal optimieren können. Bei positiver Begutachtung wird die Publikation des Beitrags unabhängig von den Studienergebnissen garantiert. Jedenfalls verhindert die Präregistrierung zum einen unlautere wissenschaftliche Praktikten wie p-hacking (auch bekannt als "fishing for significance") und Publikationsverzerrungen. Hier finden Sie den Ablauf der Präregistrierung (auf englisch auch registered report) bei einem Fachjournal und eine Liste an Journalen, die ein peer-review von registered reports anbieten.

    Weiterführende Literatur: 

    Rahal, Rima-Maria/Havemann, Johanna (2019). Wissenschaft in der Krise: Ist Open Science der Ausweg? Forum Wissenschaft.