Abschnittsübersicht

  • Ihre Ansprechpartnerin:
    Dr.in Julia Schöllbauer, BSc. MSc.

    Wir beantworten Ihre Fragen gerne hier: Austausch Forschungsdesigns und -methoden (hier haben nur Studierende der FERNFH Zugriff, den Einschreibeschlüssel finden Sie in vielen Online-Kursen, zudem können Sie ihn jederzeit bei den Ansprechpartnerinnen anfragen).

     

    Herzlich willkommen im offenen FERNFH-Kurs 

    Qualitative Forschungsdesigns und -methoden


    Dieser Kurs begleitet Sie durch die Durchführungsphase Ihres qualitativen Forschungsprojekts und ist Teil des Kursbereichs Forschungsdesigns und -methoden der empirischen Sozialforschung. Im Folgenden informieren wir Sie, welche qualitativen Methoden es gibt und wie diese durchzuführen sind. Zudem erhalten Sie Informationen zu Analyseverfahren qualitativer Methoden.

    • Qualitative Forschung sollte sich an folgenden Kernkriterien orientieren (Steinke, 2004):

      Durch die intersubjektive Nachvollziehbarkeit soll eine „(kritische) Verständigung über eine empirische Studie zwischen Forschern beziehungsweise zwischen Forschern und Lesern“ (Steinke, 2004) ermöglicht werden. Es wird vorgeschlagen, diese auf drei Wegen herzustellen:

      1. Dokumentation des Forschungsprozesses:
        Ausreichende Beschreibung und Dokumentation von
        • Vorverständnis der Forscher*innen
        • Erhebungsmethoden und Erhebungskontext
        • Trankskriptionsregeln
        • Daten
        • Auswertungsmethoden
        • Informationsquellen
        • Entscheidungen und Probleme
        • Kriterien, denen die Arbeit genügen soll
        • selbstreflexive Analyse der Forscher*innen im Forschungsprozess
      2. Interpretation in Gruppen:
        Durch den Austausch wird intersubjektive Nachvollziehbarkeit im Diskurs hergestellt (Steinke, 2004, S. 326)
      3. Kodifizierte Verfahren:
        Die Auswertung mittels Kodierverfahren ermöglicht eine Vereinheitlichung des methodischen Vorgehens

      Es wird überprüft, ob angesichts der Forschungsfrage die Wahl eines qualitativen Forschungsdesigns insgesamt und die spezifischen Erhebungs- und Auswertungsmethoden angemessen sind. Das Kriterium der Indikation umfasst nach Steinke (2004) folgende Aspekte:

      • Indikation der Methodenwahl
        • Wurde den Äußerungen und Bedeutungen der Untersuchten ausreichend Spielraum eingeräumt?
        • Waren die Forscher*innen längere Zeit im Feld anwesend?
        • Besteht ein Arbeitsbündnis zwischen Forscher*innen und Informant*innen?
        • Wurden Methoden passend zum Forschungsgegenstand ausgewählt oder entwickelt?
        • Ermöglichen die verwendeten Verfahren, dass das eigene Vorwissen und die eigenen Vorannahmen irritiert werden?
      • Indikation der Transkriptionsregeln (Handhabbarkeit, Lesbarkeit)
      • Indikation der Samplingstrategie
      • Indikation methodischer Einzelentscheidungen
      • Indikation von Bewertungskriterien

      Damit gewährleistet ist, dass die Bildung einer Theorie aufgrund der Forschungsergebnisse tatsächlich ihre Grundlage in den erhobenen und analysierten Daten hat (also empirisch verankert ist), ist folgendes zu beachten (Steinke, 2004):

      • Kodifizierte Verfahren: Dazu zählen z.B. die Regelsysteme der Grounded Theory (Glaser & Strauss, 1967) zur Datenanalyse.
      • Textbelege: Man überprüft, ob es genug Textbelege für die zuvor generierte Theorie gibt. Wie wurde während des analytischen Prozesses mit Abweichungen, Widersprüchen und Ausnahmen im Datenmaterial umgegangen?
      • Analytische Induktion: Eine möglichst weit entwickelte Theorie wird anhand eines einzelnen Falls überprüft.
      • Kommunikative Validierung: Die im Forschungsprozess entwickelten Theorie wird an die Untersuchten rückgemeldet, um herauszufinden, inwieweit sie sich darin wiederfinden

      Dieses Kriterium fordert die Bestimmung des Geltungsbereichs und der Grenzen der Verallgemeinerbarkeit einer entwickelten Theorie. Es soll analysiert werden, für welche spezifischen Untersuchungsbedingungen die Ergebnisse zutreffend sind und auf welche weiteren Bereiche generalisiert werden kann. Verallgemeinerungen sollen so weit wie möglich vorgenommen werden. Zugleich ist es notwendig, die Grenzen einer Theorie aufzuzeigen. Als Methoden, um den Geltungsbereich und die Limitation einer Theorie zu bestimmen, können beispielsweise die Analyse maximal und minimal verschiedener Fälle (Fallkontrastierung) und die Suche nach abweichenden, negativen oder extremen Fällen eingesetzt werden (Steinke, 2004).

      In der qualitativen Forschung werden die Forscher*innen als Bestandteil des Forschungsprozesses angesehen und die Subjektivität der Forscher*innen ist Teil der Methode. Mit dem Kriterium der reflektierten Subjektivität wird beurteilt, inwieweit die Subjektivität der Forscher*innen und deren Rolle bei der Theoriebildung reflektiert wurden. Zur Gewährleistung dieses Kriteriums sollen nach Steinke (2004) folgende Aspekte überprüft werden:

      • Wird der Forschungsprozess durch Selbstbeobachtung begleitet?
      • Werden persönliche Voraussetzungen für die Erforschung des Untersuchungsgegenstandes reflektiert?
        • Angemessenheit des methodischen Vorgehens der Forscher*innen
        • Die eigenen beruflichen Voraussetzungen
        • Die eigene kulturelle Herkunft
        • Die eigene biographische Beziehung zum Forschungsthema
      • Besteht eine Vertrauensbeziehung zwischen Forscher*innen und Informant*innen?
      • Wird der Einstieg ins Untersuchungsfeld reflektiert?

      Es soll überprüft werden, ob eine generierte Theorie in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist. Widersprüche und Ungereimtheiten sollen reflektiert und beschrieben, und nicht einfach ignoriert oder gar vertuscht werden (Steinke, 2004). Bei der Relevanz sollen der pragmatische Nutzen einer untersuchten Fragestellung und der generierten Theorie reflektiert werden. Folgende Aspekte sind dabei zu beachten (Steinke, 2004):

      • Kann eine Theorie neue Deutungen und Erklärungen für ein bestimmtes Problem liefern?
      • Können erzielte Ergebnisse generalisiert werden?
      • Ist die Darstellung einer Theorie überschaubar?

      Interpretationen sollen nicht einfach gesetzt, sondern argumentativ begründet werden. Folgende Aspekte sind zu beachten:

      • das Vorverständnis beim Vornehmen einer Interpretation muss adäquat sein
      • die Interpretation muss in sich schlüssig sein
      • es muss aktiv nach Alternativdeutungen gesucht werden (Mayring, 2005)

      Die Qualität der qualitativen Forschung kann auch durch Triangulation verbessert werden. Es können verschiedene Theorieansätze oder Daten, die aus verschiedenen Quellen stammen oder mit verschiedenen Methoden erhoben wurden, verglichen werden, um zu möglichen Lösungen zu kommen. Das Ziel dabei ist, Stärken und Schwächen der jeweiligen Analysewege aufzuzeigen. Dabei ist auch die Verbindung von qualitativen und quantitativen Analyseverfahren möglich.

      Steinke, Ines. (2004). Gütekriterien qualitativer Forschung. In Uwe Flick (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (3. Aufl., S. 319–331). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    • Online-Interviews

      Lange Zeit galt in der qualitativen Forschung das Face-to-Face-Interview (F2F-Interview) als “golden standard” (McCoyd and Kerson, 2006). In den vergangenen Jahren - und nicht zuletzt aufgrund Corona werden nun vermehrt Online-Interviews eingesetzt.

      Bitte beachten Sie, dass, wenn Sie in einer Studie Online- und Face-to-Face-Interviews führen, diese Interviews nicht vergleichbar sind und jedenfalls die Unterschiede ausführlich zu dokumentieren und reflektieren sind.

    • Transkribieren ist sicher das Mühsamste im qualitativen Forschungsprozess und auch immer mit vielen Fragen verbunden. Hier habe ich einige häufig auftauchende Fragen zum Transkribieren beantwortet.


    • Es gibt viele unterschiedliche Meinungen zu Software, die bei der Analyse qualitativer Daten unterstützt. Entscheiden Sie selbst, abhängig von Ihrer Fragestellung, Ihrem Studiendesign, Ihrer Arbeitsweise und Ihrer Affinität zu Computerprogrammen, ob Sie ein solches Programm einsetzen möchten. Beachten Sie nur: Das Programm nimmt Ihnen die Analyse- und vor allem Interpretationsarbeit nicht ab, es unterstützt Sie lediglich in der Strukturierung der Daten und u.U. beim Finden von Zusammenhängen.

      Ich selbst arbeite mit Papier und Bleistift und einem Programm und zwar mit NVIVO 12. Für mich ist das eine optimale Kombination.

      Hier finden Sie eine Reihe von Softwareprogramme, die bei der Strukturierung von Daten unterstützen. Die meisten bieten Webinare und Tutorials an, einige auch kostenlose Testversionen oder zumindest ermäßigte Preise für Studierende:

      Inzwischen gibt es auch ein kostenloses Open Source Programm: https://www.qcamap.org/.
    • Dieses Video zeigt, warum und wann Analysesoftware sinnvoll ist. Es geht von Marktforschung aus, Grundaussagen sind aber gleich.

    • Das Video zeigt die Themenanalyse und ihre Phasen im Überblick.

    • Wie kann ich codieren und Codes bezeichnen- am Beispiel eines Forschungsprojektes. 
      Das Textmaterial wird gesichtet und relevante Textstellen in Bezug auf die Forschungsfrage werden markiert (codiert), dadurch wird ein Gruppieren von ähnlichen Textstellen ermöglicht. 

    • Durchführung einer Themenanalyse mit MAXQDA.
      Durch ein Clustern der vorliegenden Codes entstehen Themen. Diese werden charakterisiert und Unterschiede zwischen den Themen werden herausgearbeitet. 

    • Erste Themen werden aus den bereits codierten Daten generiert. 

    • Wie kann ich KI Tools in der qualitativen Sozialforschung nutzen? Das Video gibt Einblick mit Fokus auf den Forschungsschritt der Textanalyse. 

    • Die Grounded Theory ist keine einzelne Erhebungs- oder Auswertungsmethode, sondern eine Konzeption des sozialwissenschaftlichen Erkenntnis- und Forschungsprozesses. Idee, Forschungsfrage, Datensammlung, -analyse, Theorieformulierung und Ergebnisberichterstellung sind verschränkt.

      Die empirische Vorgangsweise hat drei Schlüsselelemente:

      1. das theoretische Sampling: die Auswahl orientiert sich an der fortlaufenden Datenerhebung und -analyse,
      2. das offene Kodieren: liefert dichte Beschreibungen und ist Voraussetzung für die Theorieentwicklung und strukturiert das theoretische Sampling,
      3. das Verfassen von Memos, um die Theorie zu formulieren und den Forschungsprozess zu reflektieren.

      Eine Forschungsarbeit darf sich nicht „Grounded“ nennen, wenn einzelne Elemente wie das theoretische Sampling oder die offene Kodiertechnik angewendet werden, sondern nur wenn der vollständige Forschungsprozess dem Gesamtkonzept entspricht.

      Passende Auswertungsmethoden

      Grounded Theory

      Grounded Theory ist sowohl Erhebungs- als auch Auswertungsmethode!

      Ressource

      Böhm, A. (2004). Theoretical coding: Text analysis in grounded theory.
      In: Flick, U., Kardorff, E.v., Steinke, I. A companion to qualitative research. London: Sage: 270-275
      Böhm, A. (2004). Theoretical coding: Text analysis in grounded theory. In: Flick, U., Kardorff, E.v., Steinke, I. A companion to qualitative research. London: Sage: 270-275