Abschnittsübersicht

    • Beim Leitfadeninterview wird die Erzählperson zu einer Liste von Themen befragt. Das Gespräch wird grundsätzlich flexibel geführt, orientiert sich aber an einer Liste von Themen, die sich aus der/den Forschungsfrage/n ergeben.

      Die Strukturierung des Gesprächs erfolgt anhand eines Leitfadens. Die Fragen müssen offen, erzählgenerierend und hörer_innenorientiert formuliert sein.

      Die Erzählperson soll nicht „ausgefragt“ werden („Verhörtechnik“), die Befragten antworten oft „sozial erwünscht“ – je heikler eine Frage ist, desto stärker ist der Effekt. Merkmale des Interviewers (z.B. Alter, Aussehen) oder die Erhebungssituation (Wahrung von Anonymität) können das Antwortverhalten beeinflussen.

      Passende Auswertungsmethoden

      Themenanalyse, Inhaltsanalyse, Dokumentarische Methode (DM), Rekonstruktiv- hermeneutische Methode

      Face-to-Face-Interview vs. Telefon- bzw. Videointerveiw

      Leitfadeninterviews können auch via Telefon oder Videocall geführt werden und haben in einigen Fällen durchaus ihre Berechtigung. Immerhin sind Interviewpartner_innen mitunter leichter verfügbar, Anfahrtszeiten entfallen und auch die Aufnahme und Dokumentation ist durch die Technisierung einfacher geworden. Trotzdem ist der Einsatz von Telefon- bzw. Videointerviews immer abzuwägen und sollte als mögliche Alternative (nicht als selbstverständlicher Ersatz!) und nur nach Absprache mit der/m Betreuer_in bzw. dem Forschungsteam eingesetzt werden, da eine ungezwungene und natürliche Gesprächssituation meist nur in face-to-face-Situationen zu erwarten ist. Natürliche, sprachliche und v.a. auch nonverbale Reaktionen werden z.B. durch eine technische bzw. strukturierte Vorgehensweise unterbunden, verfälscht oder sind für die/den Forscher_in nicht mehr zugänglich. Einander in die Augen zu schauen, als eines der zentralen Prinzipien der Aufrechterhaltung von Kommunikation und Herstellung von Rapport, ist online schlichtweg nicht möglich (die Gesprächspartner_innen schauen nämlich de facto in die Kamera und nicht direkt in die Augen des „Gegenübers“).

      Folgendes ist im Rahmen des Samplings, der Durchführung und Interpretation von Telefon- bzw. Videointerviews zu beachten:

      • Zu beachten ist insbesondere eine fehlende oder gestörte Interaktion, da nicht unmittelbar auf die gesamte Mimik, Gestik oder Raumsituation des Gegenübers reagiert werden kann.
      • Insbesondere vulnerable Zielgruppen können meist nicht mit online- bzw. digitalen Erhebungsmethoden erreicht werden.
      • Der technische Aspekt im Zuge der Vorbereitung und Durchführung ist nicht zu unterschätzen (z.B. technische Voraussetzungen und Equipment, barrierefreie (Aufnahme-)programme, Störungen durch schlechte Internetverbindung/ Bandbreite etc.)
      • Eingesetzte Programme müssen auch vor dem Hintergrund des Datenschutzes überprüft werden (DSGVO) Verweis zu Kapitel Interviewvorbereitung/ Einwilligungserklärung

       

      Weiterführende Literatur: Dröge, K. (2020). Qualitative Interviews am Telefon oder online durchführen. QUASUS. Qualitatives Methodenportal zur Qualitativen Sozial-, Unterrichts- und Schulforschung.
      Hanna, P., Mwale, S. (2017). I’m not with you, yet I am… virtual face-to-face interviews. In Braun V., Clarke V., Gray D. (Eds.). Collecting Qualitative Data: A Practical Guide to Textual, Media and Virtual Techniques. Cambridge University Press.
      Mirick, R. G., Wladkowski, S. P. (2019). Skype in Qualitative Interviews: Participant and Researcher Perspectives. The Qualitative Report. 24(12), 3061-3072.

      Ressource

      Kruse, J. (2015). Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. 2. Auflage. Beltz Juventa.