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    • Bei der Artefaktanalyse werden Spuren und Gebrauchsgegenstände untersucht. Die Produktion, das Auftreten und der Gebrauch der Gegenstände sagt etwas über

      1. historische Entwicklungen und damit verbundene Vorstellungen (z.B. Bauten, Werkzeuge),
      2. soziale Beziehungen und gesellschaftliche Verhältnisse (z.B. Zäune, Mauern, symbolische Markierungen, Fotos) aus.
      3. Artefakte liefern wichtige Information, wenn sprachliche Dokumente oder Beobachtungen nicht verfügbar sind (z.B. Bedeutung von und Umgang mit Architektur, Technik und Alltagsgegenständen).

      Für die Forschungsfrage relevante Artefakte werden gezielt ausgewählt und erhoben. Zur Beschreibung, Wahrnehmung und Interpretation werden Texte erstellt.

      Der Lebenszusammenhang (Kontext) von Artefakten muss mit erhoben werden. Die Auswertung soll möglichst ohne Zeitdruck im Team erfolgen, um möglichst viele Perspektiven zu reflektieren.

      Die Analyse sollte möglichst im Team und schrittweise im Hinblick auf folgende Analyseebenen durchgeführt werden:

      1. Forschungskontext: Erkenntnisinteresse
      2. Existenzbedingungen des Artefakts: Existenzgründe/-voraussetzungen
      3. Deskriptive Analyse: Materialität, Kontextcharakteristik
      4. Alltagskontextuelle Sinneinbettung: soziale Bedeutungen, involvierte Akteur_innen, Kontext
      5. Distanziert-strukturelle Analyse: Produktion, Wirkungen und Funktionen, Umgang, Integration
      6. Komparative Analyse: Vergleichbare Artefakte, typische Kontexte
      7. Zusammenfassung: Rekonstruktion des Artefaktkontextes im Hinblick auf das Erkenntnisinteresse

      Zweidimensionale Artefakte (z.B. Fotos, Plakate) sind von dreidimensionalen (z.B. Räumen) und belebten (z.B. Menschen, Tiere, Pflanzen) Artefakten zu unterscheiden.

      Mögliche Formen

      Bildanalyse, Videografische Analyse, Dokumentenanalyse

      Passende Auswertungsmethoden

      Themenanalyse, Inhaltsanalyse, Dokumentarische Methode (DM), Rekonstruktiv- hermeneutische Methode

      Die Artefaktanalyse kann als Erhebungs- aber auch als Auswertungsmethode eingesetzt werden!

      Ressource

      Aghamanoukjan, A., Buber, R., Meyer, M. (2009). Qualitative Interviews. In: Buber, R., Holzmüller, H. Qualitative Marktforschung: Konzepte - Methoden - Analysen. Wiesbaden: Gabler: 415-436.

      Froschauer, U., Lueger, M. (2003). Das qualitative Interview. Zur Praxis interpretativer Analyse sozialer Systeme. Wien: Facultas.

      Froschauer, U., Lueger, M. (2020) Artefaktanalyse. In: Mey G., Mruck K. Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Springer, Wiesbaden.

      Lueger, M., Froschauer, U. (2018). Artefaktanalyse: Grundlagen und Verfahren.

        • Bei der Bildanalyse werden eigene Fotodokumente der Forschenden, eigene Fotografien der Untersuchten oder bereits vorhandene Fotografien erhoben und untersucht.

          Für die Forschungsfrage relevante Bilder werden erstellt oder erhoben und ausgewählt. Zur Beschreibung, Wahrnehmung und Interpretation werden Texte erstellt.

          Es ist wichtig zu erheben, unter welchen Bedingungen ein Bild entstanden ist, für welche Zwecke es aufgenommen wurde, in welche historische Fotokultur es eingebettet ist und ob es heute anders gesehen wird als zur Zeit seiner Entstehung. Die Erhebung und Auswahl der Bilder ist besonders komplex.

          Passende Auswertungsmethoden

          Dokumentarische Methode (DM), Rekonstruktiv- hermeneutische Methode

          Ressourcen

          Bohnsack, R. (2015). Dokumentarische Bildinterpretation: Methodologie und Forschungspraxis. Opladen [u.a.]: Budrich.
          Tell, S. (2007). Fotografien als Quelle für die qualitative Forschung in der Erziehungswissenschaft.

        • Bei der videografischen Analyse werden Filme und Videoaufzeichnungen als Datenmaterial herangezogen. Die Filme können von den Forschenden selbst erzeugt werden (wissenschaftliche Dokumentation), Privatpersonen oder Organisationen erstellen Filmmaterial zur Erinnerung an besondere Begebenheiten (z.B. Hochzeitsvideo), Filmamateure bzw. berufsmäßige Filmemacher erstellen Filme zu journalistischen oder künstlerischen Zwecken.

          Die für die Forschungsfrage relevanten Videodaten werden erstellt bzw. erhoben, transkribiert und selektiert. Die konkrete Vorgehensweise hängt stark von der Datensorte ab: Feldzugang und die Rolle der Forschenden sind zu klären. Technische Bedingungen müssen getestet werden. Kriterien der Selektion müssen gut reflektiert werden. Die Selektion orientiert sich einerseits an der Relevanz der beobachtbaren Akteure und andererseits an rekursiven Merkmalen der ablaufenden Interaktionen. Es erfolgt eine Feinanalyse der einzelnen Fragmente anhand des Transkripts. Die Interpretation sollte zusätzlich zur Einzelanalyse auch im Team erfolgen.

          Auf welche Weise die Aufzeichnung zustande gekommen ist, ist mitzuerheben.

          Passende Auswertungsmethoden

          Dokumentarische Methode (DM), Rekonstruktiv- hermeneutische Methode

          Ressourcen

          Hampl, S. (2019). Breaking Bad—Im faustischen Rausch der Gewalt. In: Poltrum, M., Rieken, B., Ballhausen, T. Zocker, Drogenfreaks & Trunkenbolde: Rausch, Ekstase und Sucht in Film und Serie. Springer Verlag: 387–407.
          Tuma, R., Schnettler, B., Knoblauch, H. (2013). Videographie: Einführung in die interpretative Videoanalyse sozialer Situationen. Wiesbaden: Springer VS.

        • Bei der Dokumentenanalyse werden z.B. Aktennotizen, Verträge, Vermerke, Tagebücher, Statistiken, Jahresberichte, Zeugnisse, Briefe, Gutachten etc. analysiert. Sie zeigen einen Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit.

          Für die Forschungsfrage relevante Dokumente werden erhoben und selektiert.

          Layout und Äußerlichkeiten sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Dokumente sind eine eigenständige Datenebene und sollten nicht gemeinsam mit anderen Daten (z.B. Interviews) ausgewertet werden.

          Passende Auswertungsmethoden

          Dokumentarische Methode (DM), Rekonstruktiv- hermeneutische Methode, Artefaktenanalyse, Themenanalyse, Inhaltsanalyse, 

          Die Dokumentenanalyse ist sowohl Erhebungs- als auch Auswertungsform.

          Ressource

          Wolff, S. (2004). Dokumenten- und Aktenanalyse In: Flick, U./Kardorff, E. v./Steinke, I. Qualitative Forschung. Ein Handbuch. Reinbek: Rowohlt: 502-513.