Skype-Interviews

Lange Zeit galt in der qualitativen Forschung das Face-to-Face-Interview (F2F-Interview) als “golden standard” (McCoyd and Kerson, 2006). In den vergangenen Jahren werden nun vermehrt Skype-Interviews eingesetzt. Eine ausgezeichnete Zusammenfassung zur Methodenliteratur zu Skype-Interviews finden Sie hier.

Wenn Sie darüber nachdenken Skype-Interviews statt oder zusätzlich zu F2F-Interviews zu führen, dann sollten Sie sich über diese Themen Gedanken machen:

  • Interviewdesign insbesondere Beziehungsaufbau zum Gegenüber

Wie kann ich eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen? Wie kann ich die übliche Smalltalk-Phase (Getränke anbieten etc.) über Skype gestalten? Sturges und Hanrahan (2004) empfehlen für die Vertrauensbildung bspw. (für Telefoninterviews) das Rekruiting F2Face zu machen. Planen Sie diese Phase ausgiebig.

  • Bedenken der ProbandInnen bezüglich Videoaufzeichnung
Oftmals gibt es hier mehr Bedenken, als bei einer Tonaufzeichnung. Mögliche Strategien: Bedenken bereits vorab in einem persönlichen Gespräch oder Telefongespräch ausräumen; d.h. nicht nur per E-Mail. Oder ohne Video aufzeichnen, sondern mit einem Player extra aufnehmen.

  • Technische Probleme

Ausgiebig vorab mit FreundInnen testen und auf möglichst viele Szenarien vorbereitet sein. D.h. Was mache ich, wenn das Video ausfällt? Mit dem Gegenüber ebenfalls besprechen, wie vorgegangen wird, wenn es zu Problemen kommt (neuer Termin etc.). Bedenken Sie, falls das Videosignal ausfällt, dass Sie Während des Interviewprozesses visuelle Reize nicht wahrgenommen werden können. Notieren Sie daher zögerliche oder hastige Antworten, einen veränderter Tonfall etc., damit Sie dies in die Analyse miteinfließen lassen können.

  • Höhere No-Show-Rate
Deakin und Wakefield (2014) berichteten von einer höheren No-Show-Rate bei Skype-Interviews. Strategien: vorab bereits mehr Interviewtermine vereinbaren, persönlich rekrutieren.

  • Skype-Interviews sind oft kürzer als F2F-Interviews
Mögliche Strategien: Stille noch mehr aushalten können. Noch mehr Aufrechterhaltungsfragen vorbereiten.

Aus methodischer Sicht ist eines der stärksten Argumente für Skype-Interviews eine geographisch gesehen größere Reichweite. D.h., dass Personen aus anderen Ländern und Kulturkreisen interviewt werden können. Ich empfehle diesen Vorteil auch möglichst zu nutzen. Dafür sind Personen, die keinen (Breitband-)Internetzugang haben oder weniger IT-affin sind potenziell ausgeschlossen. Diesen Bias sollten Sie jedenfalls in ihrer Studie ausgleichen.

Sturges und Hanrahan (2004) betonen, dass es wichtig ist, dass die ProbandInnen die Wahl des Interviewmodus haben. Sie selbst also jenen Modus (Skype oder F2F) wählen können sollen mit dem sie sich am wohlsten fühlen.

Zuletzt geändert: Montag, 28. November 2022, 15:27