Varianzanalyse: Multivariate Varianzanalyse (MANOVA)
Die multivariate Varianzanalyse (englisch multivariate analysis of variance, deshalb als MANOVA abgekürzt) wird angewandt, wenn Sie mehrere mögliche Unterschiede (mehrere abhängige Variablen) bei mind. drei unabhängigen Gruppen testen möchten, und diese Gruppen werden durch eine oder mehrere kategoriale unabhängige Variable(n) definiert (ein- oder mehrfaktoriell, siehe unten). Die MANOVA ist multivariat, weil sie die Gruppen hinsichtlich mehrerer abhängiger Variable vergleicht (im Gegensatz zur univariaten ANOVA, die die Gruppen hinsichtlich nur einer abhängigen Variable vergleicht).
Eine einfaktorielle MANOVA wird verwendet, wenn nur eine Gruppenvariable (z.B. Alter) die Gruppen definiert (z.B. unterschiedliche Altersgruppen) und diese Gruppen anhand von zwei oder mehr AV (z.B. Arbeitszufriedenheit und Motivation) verglichen werden sollen.
Eine zwei- oder mehrfaktorielle MANOVA wird verwendet, wenn zwei oder mehr Gruppenvariablen (d.h. Faktoren, z.B. Alter und Geschlecht) die Gruppen definieren (z.B. unterschiedliche Altersgruppen und zwei Geschlechter) und diese Gruppen anhand von zwei oder mehr AV (z.B. Arbeitszufriedenheit und Motivation) verglichen werden sollen.
Voraussetzung für die Durchführung einer MANOVA ist es, dass
- die Gruppenvariable (UV) nominalskaliert ist (z.B. Geschlecht, Einwohner*innen unterschiedlicher Bundesländer, Schüler*innen unterschiedlicher Schulen), sodass mindestens zwei Gruppen gebildet werden können,
- die Varianzen in jeder Gruppe (in etwa) gleich sind, d.h. Homoskedastizität vorliegt (wird mittels Streudiagramm optisch kontrolliert) sowie
- die Variablen von Interesse (AVs) zwischen den Gruppen unabhängig voneinander sind (wenn jede Versuchsperson nur einer Gruppe zugewiesen ist, ist diese Voraussetzung meistens bereits erfüllt),
- intervallskaliert sind,
- keine Ausreißer aufweisen (wird im Boxplot kontrolliert, Werte die sich weit entfernt von der Masse der anderen Werten befinden haben großen Einfluss auf die Signifikanz des Ergebnisses, dies kann durch Ausschluss der jeweiligen Versuchspersonen korrigiert werden) und
- normalverteilte Residuen haben (so testen Sie das in SPSS).
Für die MANOVA gibt es keine nichtparametrische Alternative. Wenn die Voraussetzungen für eine MANOVA bzw. ANOVA nicht erfüllt sind, dann können Sie die AVs getrennt in mehreren Kruskal-Wallis-Tests analysieren.
Die MANOVA ergibt den F-Wert. Wenn dieser nicht signifikant ist (z.B. p > .05), dann gibt es keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen und die Analyse ist beendet. Wenn der F-Wert jedoch signifikant ist, dann gibt es Unterschiede zwischen den verglichenen Gruppen. Um zu sehen, welche Gruppen sich statistisch signifikant voneinander unterscheiden und in welche Richtung, muss zusätzlich ein berechnet werden (in SPSS und JASP bereits integriert).
Hier finden Sie eine Videoanleitung zur Durchführung der MANOVA in SPSS (englisch), hier eine für JASP (englisch).
Vorteile der Durchführung einer MANOVA gegenüber der Durchführung mehrerer ANOVAs:
1. Mehr statistische Power als mehrere einzelne ANOVAs: Bei mehreren AVs ist es wahrscheinlicher, in der MANOVA einen signifikanten Effekt zu finden, als bei Durchführung mehrerer einzelne ANOVAs.
2. Erkennung komplexerer Zusammenhangsmuster: Die MANOVA betrachtet nicht nur die Mittelwertsunterschiede der Gruppen hinsichtlich mehrerer abhängiger Variablen sondern berücksichticht auch die Interaktionen zwischen verschiedenen abhängigen und unabhängigen Variablen und somit komplexe Interaktionen. Dabei kann nur die MANOVA die Relevanz der Unterschiede bei mehrereren AV direkt miteinander vergleichen und so die relevantesten Variablen im Modell (und somit inder Realität) identifizieren.
3. Automatische Alphafehler-Kumulierung: Während bei mehreren ANOVAs die resultierenden p-Werte nachträglich korrigiert werden müssten, um die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers 1. Art zu verringern, ist diese Korrektur in der MANOVA bereits automatisch enthalten.